Samstag, 6. März 2004
Deutsche Tiefe und amerikanische Öberflächlichkeit.
beniguma, 16:06h
Normalerweise fliehe ich solche Gespräche, versuche mich zu verdrücken oder den Schwerpunkt des Themas dezent in eine andere Richtung zu verschieben. Das erste Halbjahr des Jahres 2003 hat für eine solche Überdosis an Gesprächen über die USA und die "Bush-Administration" gesorgt, dass ich versuche, jedes Gespräch mit Michael Moore-Lesern (und das sind ja quasi alle!) über ihr Lieblingsthema zu vermeiden. Dieses Gespräch aber schien zu Beginn noch unverfänglich zu sein. Ein Gespräch über weite amerikanische Landschaften und große amerikanische Städte, über Highways und den Grand Canyon etc. pp. All diese offensichtliche USA-Faszination, die so häufig mit steifem Antiamerikanismus einhergeht. Da es bei der Faszination zu bleiben schien, machte ich keine Bemühungen, zum Beispiel über das (immer noch und erstaunlicherweise) so kalte Wetter und den frisch gefallenen Schnee zu reden, sondern hörte weiter zu, streute hier mal etwas über die Niagarafälle und dort mal eine Plattitüde über das ewig verregnete und sicherlich deswegen zur Grunge-Hauptstadt gewordene Seattle ein.
Mein Gegenüber berichtete von Austin, Texas. Dort habe er einen Freund, einen Lehramtsstudenten, der für ein Jahr ein Auslandssemester in Deutschland gemacht hatte. Ein junger, aufgeschlossener und weltgewandter US-Amerikaner. Denn wie man wissen müsse, sei Austin keineswegs das texanische Kuhjungendorf, als das es sich die Deutschen gerne vorstellen, sondern habe eine der agilsten Musikszenen der Welt. Dieser Freund habe, nachdem er sein Studium in den USA abgeschlossen hatte, entschieden, ein zweimonatiges Praktikum in einem hessischen Gymnasium zu machen. Es ist offenbar selten, dass US-Amerikaner Gymnasialpraktika in Deutschland machen. Für seinen Freund habe sich jedenfalls die Redaktion der hesssischen Regionalsendung von SAT.1 interessiert. Statt sich für die tatsächlichen Verhätnisse in der Schule oder für seine Erlebnisse in Deutschland zu interessieren, wollte das Fernsehteam knackige Bilder produzieren. Dafür habe es dem Praktikanten vorgeschlagen, in ein Cowboy-Kostüm zu schlüpfen und mit einem Lasso herumzuwedeln. Dieser habe sich verständlicherweise geziert, jedoch schließlich eingewilligt. Am Abend des Drehtages sei er völlig geknickt nach Hause gekommen, habe sogar etwas geweint.
Keine schöne Geschichte. Bevor ich mir jedoch weiter Gedanken über die Ressentimentgeladenheit des Fernsehteams machen konnte, lieferte mir mein Gegenüber die ultimative Interpretation der Ereignisse: "Es ist doch wirklich schlimm, dass diese amerikanische Oberflächlichkeit jetzt auch hier in Deustchland angekommen ist!"
Mein Gegenüber berichtete von Austin, Texas. Dort habe er einen Freund, einen Lehramtsstudenten, der für ein Jahr ein Auslandssemester in Deutschland gemacht hatte. Ein junger, aufgeschlossener und weltgewandter US-Amerikaner. Denn wie man wissen müsse, sei Austin keineswegs das texanische Kuhjungendorf, als das es sich die Deutschen gerne vorstellen, sondern habe eine der agilsten Musikszenen der Welt. Dieser Freund habe, nachdem er sein Studium in den USA abgeschlossen hatte, entschieden, ein zweimonatiges Praktikum in einem hessischen Gymnasium zu machen. Es ist offenbar selten, dass US-Amerikaner Gymnasialpraktika in Deutschland machen. Für seinen Freund habe sich jedenfalls die Redaktion der hesssischen Regionalsendung von SAT.1 interessiert. Statt sich für die tatsächlichen Verhätnisse in der Schule oder für seine Erlebnisse in Deutschland zu interessieren, wollte das Fernsehteam knackige Bilder produzieren. Dafür habe es dem Praktikanten vorgeschlagen, in ein Cowboy-Kostüm zu schlüpfen und mit einem Lasso herumzuwedeln. Dieser habe sich verständlicherweise geziert, jedoch schließlich eingewilligt. Am Abend des Drehtages sei er völlig geknickt nach Hause gekommen, habe sogar etwas geweint.
Keine schöne Geschichte. Bevor ich mir jedoch weiter Gedanken über die Ressentimentgeladenheit des Fernsehteams machen konnte, lieferte mir mein Gegenüber die ultimative Interpretation der Ereignisse: "Es ist doch wirklich schlimm, dass diese amerikanische Oberflächlichkeit jetzt auch hier in Deustchland angekommen ist!"
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henne3,
Dienstag, 6. Juli 2004, 19:28
bin gegen Politikgespraeche als Unterhaltung, die kraenken manchmal...
Hallo liebe USAdebatteinterresierte,
Um eine Lange geschichte etwas zu verkürzen, ich finde ich bin so ziemlich genau halb deutsch und halb Ami. Meine Eltern sind deutsch, bin in USA aufgewachsen, zu einer deutschen Schule, dann amerikanische Uni und vor 2 Jahren als Student nach Deutschland gezogen. Bin hier auch manchmal in das Busch gespräch geraten und merkte dann erst hinterher, dass mich dieses Urteilen über Amerikaner und Amerikanisches nur wegen ihrer Politik unglaublich kränkt. Ueberhaupt, dass man ueber das Leben von Menschen, welches in meiner Erfahrung in Amerika sehr unpolitisch ist, so einen „Schirm“ der Politik ausbreitet ist mir etwas neues und schreckliches.
Beniguma’s Beitrag über probleme mit diesen Debatten http://beniguma.blogger.de/stories/77321/
hat mich ermutigt, gegen die üblichen Meckereien hier zu protestieren (danke Beniguma, mir geht’s ähnlich) und euch leser zu fragen wie ihr das sieht.
Beniguma erwähnte das Fernsehen, und da fällt mir ein:
In einem neulichen bericht über ein mittelschweres Unwetter in den USA sagte ein Reporter ueber die durch Bäume gestürtzen Überlandleitungen zum Abschluß: „Erstaunlich, wie in diesem so mächtigen Land die INFRASTRUKTUR doch SO MARODE ist!“ und grinste dabei spöttisch schadenfroh. Und so unfundierte dumme Bosartigkeit gilt als „Reportage“. Erstens ist der doch gar nicht qualifiziert zu urteilen, ob Überlandleitungen gut oder schlecht sind. Kann ja sein, daß wegen den längeren Strecken eine vergrabene Stromversorgung völlig unbezahlbar ist. Kann ja sein, dass allemöglichen Änderungen in einer Wohnsiedlung in Amerika ganz anders verlaufen, Neubauten, umbauen, änderung in Telefondiensten oder sogar in der Stromversorgung usw die Überlandleitungen rentabel machen. Zweitens ist nur er der Meinung, dass die Überlandleitungen überhaupt ein Problem sind. Ich bin in einer alten Wohnsiedlung mit großen Bäumen aufgewachsen, da fällt mal bei heftigem Regensturm ein Baum auf die Leitung. Na und? für die Stromversorger ist das Standard, die haben das durch umschalten in weniger als 5minuten wieder eingeschaltet, passiert vielleicht 1 oder 2 mal im Jahr. Oder bei richtig selten heftigen Unwettern die mehrere Leitungen durchtrennen kann es mal ein paar Stunden dauern und das Vanilleeis im Kühlschrank schmilzt, oh wie schrecklich! Wichtigeres wie Krankehäuser und Büros und Öffentliches haben selbstverständlich ununterbrochene Versorgung. Es gibt etwa 240 Millionen Amerikaner und mich würde nicht wundern, wenn kein Einziger sich wegen Überlandleitungen ärgert. Solche logistisch technischen Details der Lebensart eines anderen Landes braucht doch keiner zu bewerten, ist doch so belanglos.
Noch was an Amerikanern, was völlig mißverstanden wird, dass viele über andere Länder auf ihre Weise ungebildet sind. Der Vater meiner Freundin sagte einmal, du kannst durch Reisen in Amerika so viel vershiedene Welten sehen, Kulturen kennenlernen etc., daß du es nicht nötig hast für deine “Horizonterweiterung“ in ein anderes Land zu reisen. Und genauso ist es, die meisten Amerikaner verlassen in ihrer Lebenszeit nicht das Land, wenn überhaupt dann nur geschäftlich. Die allerwenigsten haben Mittel für so eine große Kulturreise, günstiger für die Meisten sind eher häufigere kürzere Kulturreisen innerhalb USA. Und so lernt man in Amerika Kultur und Geschichte aus aller Welt kennen, aber meistens in veramerikanisierter Version. An Stelle von politischer Bildung müssen sie erlernen, auf anders gesinnte in der eigenen Öffentlichkeit einzugehen, eine sehr wertvolle Fähigkeit die glaube ich von diesen Hobbykritikern gerne übersehen wird. Also, trotz mangel an politischer Bildung scheint mir die Amerikaner sind tatsächlich besser informiert über die Deutschen als so mancher Deutsche über die Amis. Ich hab in meinen 24 Jahren in Amerika noch nie gehört die Deutschen sind schnauzig und humorlos, oder Ähnliches. Alle erzählen sie von ihren Erlebnissen aus der Zeit als sie in Deutschland stationiert waren .
Und dann gibt’s die lächerlichen Gesetze, so irgendwelche antiquierten Klauseln wie „Frauen dürfen in der Öffentlichkeit keine Zwiebeln essen, wegen dem Mundgeruch“ oder Ähnliches. Nun, scheinbar war dies eine rechtstechnische Maßnahme wegen einem bedeutungslosen Einzelfall, in dem jemand (warscheinlich aus Geldgier/Geldnot) vor Gericht klagte. Ich habe noch niemanden gekannt, der sich durch sowas verrücktes unbedeutendes bedrücken lässt. Niemand nimmt sowas ernst und das normale Leben kann ungehemmt weitergehen. Ich habe den Eindruck fast alle Amerikaner sind sehr bewußt, daß so manche Gesetze/Sitten/Regeln ich sag mal sehr unphilosophisch sind keinen höheren Sinn ergeben, und sie sind das Objekt von viel Satire, und viel gelächter. Manche in Deutschland kommentieren so vorwurfsvoll darüber, daß die Amerikanische Moral/das Gesetz/die Sitten usw. so oberflächlich sei und keiner mache sich überhaupt Gedanken darüber. In der technischen Ausbildung in USA ist oft ein Ethikkurs Pflichtfach, hab ich selber dran teilgenommen. Im Wesentlichen soll den Studenten gezeigt werden, daß es „Moralphilosophen“ gibt (die Meisten aus USA), die sich schwerst Gedanken machen über allemöglichen ethischen/gesetzlichen/gesellschaftlichen Themen allein in der Technik, und was für unglaublich komplizierte, nüchterne Kriterien mit vollem Ernst des Lebens sie verwenden, um zu einer ethishen Bewertung zu kommen, und auch wie diese Denker die Gesellschaft beeinflussen. Also, daß in USA sich Leute Gedanken über ihre Ethik machen, und zwar meine ich damit ohne religiösen Unterton, ist wohl kein Geheimnis, steht sogar auf dem Lehrprogramm sogar im technischen Studium.
Und dann gibt’s noch das Trauma das Deutsche in Amerika erleiden wegen dem schlechten Essen. Find ich eher unwichtig, aber für Viele tatsächlich der wichtigste Grund, amerikanisches zu verpöhnen. Ist zwar was Wahres dran; die meisten Lebensmittelwaren außer Obst und Gemüse sind wäßriger und geschmacksloser, das hat aber wieder einfach logistische Gründe, nämlich muss Lebensmittel dort anders verarbeitet, hantiert, verpackt, transportiert, gelagert und konserviert werden. Vor Allem weil der Transport länger ist und da die Meisten in Amerika nicht alle 2 Tage sondern eher alle 2 Wochen Lebensmittel einkaufen. Auch Alkohol und Zigaretten sind ungünstiger, also eigentlich sind so ziemlich alle „Genußmittel“ in Deutschland besser. Aber das heißt doch nicht, daß es dort weniger zu genießen gibt! Wenns darum geht sich zu feiern oder sich belohnen und einfach etwas genießen kriegen sie den Genuß einfach von anderen Dingen, wie „family outinngs“, ein Freizeitsport, in der Stadt umhertummeln, etwas zur Unterhaltung, sei es film/sport/theater/Vorführungen/Veranstaltungen u. Feste, wobei diese meistens NICHT auf das Intellekt zugeschnitten sind, es geht schließlich ums Genießen, und alle diese Formen von Genuß sind in USA glaube ich stärker betont als in Deutschland. Die haben halt weniger Betonung auf Eßkultur als Quelle von Genuß. Versteht mich nicht falsch, mit Unterhaltung mein ich nicht den heutzutage leider weltweit verbreiteten Kommerzrummel aus USA wie MTV und Hollywood filme mit allerbilligsten storys. Die Gemeinheit ist, inhaltsreiche Unterhaltung aus USA wird aus irgendwelchen gründen nicht Übersee verfrachtet; nur der kulturelle Müll kommt rüber. Warum das so ist durchblicke ich nicht, ich glaub das ist was Werbeagenturen unter „Globalisierung“ verstehen, ihr könnt ja dazu kommentieren…
Da gibts noch unendlich viele weitere Themen, mit denen man gerne „die Amerikaner allgemein“ gerne verurteilt; das populärste sind die diversen umstrittenen Praktiken von unserem „lieben“ Mr. Bush. Damit will ich gar nicht erst anfangen, denn wenn ich über die Gesellaschaftspolitischen und Sozialen Einflüsse in nur meinem eigenen Leben nachdenke, ist das so kompliziert, daß ich kaum damit fertig werde, also kann ich doch unmöglich über irgendwelche Weltthemen sinnvoll nachdenken, ich hab da doch keine Ahnung. Der Punkt ist wohl ich fühle ich mußte mal protestieren gegen das sinnlose Gemecker der Hobbykritiker. Nun bin ich leider nicht forsch genug, so jemanden im richtigen Moment mit den richtigen Argumenten kleinzukriegen, die Themen sind doch meist sehr kompliziert und Hobbykritiker bedienen sich gerne mit einer alles einbeziehenden „Glocke“ der politik in der sie sich wohlfühlen (was ich gar nicht nachempfinde), um ihre Arbeit zu vereinfachen. Nun ist mir bei dem Ganzen wieder recht unwohl weil ich mich selber bei dieser Debatte in diese politisierung des Lebens hineinvertiefe, aber ich tu’s um mich gegen die meisten Formen von Amerikakritik zu wehren. Am Liebsten würde ich solche Gespräche ganz vermeiden, da ich sie fruchtlos und häßlich finde, vor Allem mit Leuten die ich nicht oder wenig kenne.
Würde gerne eure Ideen hören, praktische Tips wie man diese Themen vermeidet, ohne sich selbst dabei zu verarschen, also wenn’s geht klug und elegant, aber für Notsituationen geht auch plump und billig, hauptsache ich komme dabei weg ohne meinem Gegenüber den Gefallen zu tun, ihm seine Vorurteile zu bestätigen. Ihr seht vielleicht ich bin etwas verklemmt, ist ganz einfach weil ich wenig mit Leuten spreche und daher leider solche Richtlinien brauche, um mich nicht zu verzetteln. Ich bin mit diesem Problem allein, denn ich bin der einzige Ami in meiner Umgebung.
Gruß
Jan
Um eine Lange geschichte etwas zu verkürzen, ich finde ich bin so ziemlich genau halb deutsch und halb Ami. Meine Eltern sind deutsch, bin in USA aufgewachsen, zu einer deutschen Schule, dann amerikanische Uni und vor 2 Jahren als Student nach Deutschland gezogen. Bin hier auch manchmal in das Busch gespräch geraten und merkte dann erst hinterher, dass mich dieses Urteilen über Amerikaner und Amerikanisches nur wegen ihrer Politik unglaublich kränkt. Ueberhaupt, dass man ueber das Leben von Menschen, welches in meiner Erfahrung in Amerika sehr unpolitisch ist, so einen „Schirm“ der Politik ausbreitet ist mir etwas neues und schreckliches.
Beniguma’s Beitrag über probleme mit diesen Debatten http://beniguma.blogger.de/stories/77321/
hat mich ermutigt, gegen die üblichen Meckereien hier zu protestieren (danke Beniguma, mir geht’s ähnlich) und euch leser zu fragen wie ihr das sieht.
Beniguma erwähnte das Fernsehen, und da fällt mir ein:
In einem neulichen bericht über ein mittelschweres Unwetter in den USA sagte ein Reporter ueber die durch Bäume gestürtzen Überlandleitungen zum Abschluß: „Erstaunlich, wie in diesem so mächtigen Land die INFRASTRUKTUR doch SO MARODE ist!“ und grinste dabei spöttisch schadenfroh. Und so unfundierte dumme Bosartigkeit gilt als „Reportage“. Erstens ist der doch gar nicht qualifiziert zu urteilen, ob Überlandleitungen gut oder schlecht sind. Kann ja sein, daß wegen den längeren Strecken eine vergrabene Stromversorgung völlig unbezahlbar ist. Kann ja sein, dass allemöglichen Änderungen in einer Wohnsiedlung in Amerika ganz anders verlaufen, Neubauten, umbauen, änderung in Telefondiensten oder sogar in der Stromversorgung usw die Überlandleitungen rentabel machen. Zweitens ist nur er der Meinung, dass die Überlandleitungen überhaupt ein Problem sind. Ich bin in einer alten Wohnsiedlung mit großen Bäumen aufgewachsen, da fällt mal bei heftigem Regensturm ein Baum auf die Leitung. Na und? für die Stromversorger ist das Standard, die haben das durch umschalten in weniger als 5minuten wieder eingeschaltet, passiert vielleicht 1 oder 2 mal im Jahr. Oder bei richtig selten heftigen Unwettern die mehrere Leitungen durchtrennen kann es mal ein paar Stunden dauern und das Vanilleeis im Kühlschrank schmilzt, oh wie schrecklich! Wichtigeres wie Krankehäuser und Büros und Öffentliches haben selbstverständlich ununterbrochene Versorgung. Es gibt etwa 240 Millionen Amerikaner und mich würde nicht wundern, wenn kein Einziger sich wegen Überlandleitungen ärgert. Solche logistisch technischen Details der Lebensart eines anderen Landes braucht doch keiner zu bewerten, ist doch so belanglos.
Noch was an Amerikanern, was völlig mißverstanden wird, dass viele über andere Länder auf ihre Weise ungebildet sind. Der Vater meiner Freundin sagte einmal, du kannst durch Reisen in Amerika so viel vershiedene Welten sehen, Kulturen kennenlernen etc., daß du es nicht nötig hast für deine “Horizonterweiterung“ in ein anderes Land zu reisen. Und genauso ist es, die meisten Amerikaner verlassen in ihrer Lebenszeit nicht das Land, wenn überhaupt dann nur geschäftlich. Die allerwenigsten haben Mittel für so eine große Kulturreise, günstiger für die Meisten sind eher häufigere kürzere Kulturreisen innerhalb USA. Und so lernt man in Amerika Kultur und Geschichte aus aller Welt kennen, aber meistens in veramerikanisierter Version. An Stelle von politischer Bildung müssen sie erlernen, auf anders gesinnte in der eigenen Öffentlichkeit einzugehen, eine sehr wertvolle Fähigkeit die glaube ich von diesen Hobbykritikern gerne übersehen wird. Also, trotz mangel an politischer Bildung scheint mir die Amerikaner sind tatsächlich besser informiert über die Deutschen als so mancher Deutsche über die Amis. Ich hab in meinen 24 Jahren in Amerika noch nie gehört die Deutschen sind schnauzig und humorlos, oder Ähnliches. Alle erzählen sie von ihren Erlebnissen aus der Zeit als sie in Deutschland stationiert waren .
Und dann gibt’s die lächerlichen Gesetze, so irgendwelche antiquierten Klauseln wie „Frauen dürfen in der Öffentlichkeit keine Zwiebeln essen, wegen dem Mundgeruch“ oder Ähnliches. Nun, scheinbar war dies eine rechtstechnische Maßnahme wegen einem bedeutungslosen Einzelfall, in dem jemand (warscheinlich aus Geldgier/Geldnot) vor Gericht klagte. Ich habe noch niemanden gekannt, der sich durch sowas verrücktes unbedeutendes bedrücken lässt. Niemand nimmt sowas ernst und das normale Leben kann ungehemmt weitergehen. Ich habe den Eindruck fast alle Amerikaner sind sehr bewußt, daß so manche Gesetze/Sitten/Regeln ich sag mal sehr unphilosophisch sind keinen höheren Sinn ergeben, und sie sind das Objekt von viel Satire, und viel gelächter. Manche in Deutschland kommentieren so vorwurfsvoll darüber, daß die Amerikanische Moral/das Gesetz/die Sitten usw. so oberflächlich sei und keiner mache sich überhaupt Gedanken darüber. In der technischen Ausbildung in USA ist oft ein Ethikkurs Pflichtfach, hab ich selber dran teilgenommen. Im Wesentlichen soll den Studenten gezeigt werden, daß es „Moralphilosophen“ gibt (die Meisten aus USA), die sich schwerst Gedanken machen über allemöglichen ethischen/gesetzlichen/gesellschaftlichen Themen allein in der Technik, und was für unglaublich komplizierte, nüchterne Kriterien mit vollem Ernst des Lebens sie verwenden, um zu einer ethishen Bewertung zu kommen, und auch wie diese Denker die Gesellschaft beeinflussen. Also, daß in USA sich Leute Gedanken über ihre Ethik machen, und zwar meine ich damit ohne religiösen Unterton, ist wohl kein Geheimnis, steht sogar auf dem Lehrprogramm sogar im technischen Studium.
Und dann gibt’s noch das Trauma das Deutsche in Amerika erleiden wegen dem schlechten Essen. Find ich eher unwichtig, aber für Viele tatsächlich der wichtigste Grund, amerikanisches zu verpöhnen. Ist zwar was Wahres dran; die meisten Lebensmittelwaren außer Obst und Gemüse sind wäßriger und geschmacksloser, das hat aber wieder einfach logistische Gründe, nämlich muss Lebensmittel dort anders verarbeitet, hantiert, verpackt, transportiert, gelagert und konserviert werden. Vor Allem weil der Transport länger ist und da die Meisten in Amerika nicht alle 2 Tage sondern eher alle 2 Wochen Lebensmittel einkaufen. Auch Alkohol und Zigaretten sind ungünstiger, also eigentlich sind so ziemlich alle „Genußmittel“ in Deutschland besser. Aber das heißt doch nicht, daß es dort weniger zu genießen gibt! Wenns darum geht sich zu feiern oder sich belohnen und einfach etwas genießen kriegen sie den Genuß einfach von anderen Dingen, wie „family outinngs“, ein Freizeitsport, in der Stadt umhertummeln, etwas zur Unterhaltung, sei es film/sport/theater/Vorführungen/Veranstaltungen u. Feste, wobei diese meistens NICHT auf das Intellekt zugeschnitten sind, es geht schließlich ums Genießen, und alle diese Formen von Genuß sind in USA glaube ich stärker betont als in Deutschland. Die haben halt weniger Betonung auf Eßkultur als Quelle von Genuß. Versteht mich nicht falsch, mit Unterhaltung mein ich nicht den heutzutage leider weltweit verbreiteten Kommerzrummel aus USA wie MTV und Hollywood filme mit allerbilligsten storys. Die Gemeinheit ist, inhaltsreiche Unterhaltung aus USA wird aus irgendwelchen gründen nicht Übersee verfrachtet; nur der kulturelle Müll kommt rüber. Warum das so ist durchblicke ich nicht, ich glaub das ist was Werbeagenturen unter „Globalisierung“ verstehen, ihr könnt ja dazu kommentieren…
Da gibts noch unendlich viele weitere Themen, mit denen man gerne „die Amerikaner allgemein“ gerne verurteilt; das populärste sind die diversen umstrittenen Praktiken von unserem „lieben“ Mr. Bush. Damit will ich gar nicht erst anfangen, denn wenn ich über die Gesellaschaftspolitischen und Sozialen Einflüsse in nur meinem eigenen Leben nachdenke, ist das so kompliziert, daß ich kaum damit fertig werde, also kann ich doch unmöglich über irgendwelche Weltthemen sinnvoll nachdenken, ich hab da doch keine Ahnung. Der Punkt ist wohl ich fühle ich mußte mal protestieren gegen das sinnlose Gemecker der Hobbykritiker. Nun bin ich leider nicht forsch genug, so jemanden im richtigen Moment mit den richtigen Argumenten kleinzukriegen, die Themen sind doch meist sehr kompliziert und Hobbykritiker bedienen sich gerne mit einer alles einbeziehenden „Glocke“ der politik in der sie sich wohlfühlen (was ich gar nicht nachempfinde), um ihre Arbeit zu vereinfachen. Nun ist mir bei dem Ganzen wieder recht unwohl weil ich mich selber bei dieser Debatte in diese politisierung des Lebens hineinvertiefe, aber ich tu’s um mich gegen die meisten Formen von Amerikakritik zu wehren. Am Liebsten würde ich solche Gespräche ganz vermeiden, da ich sie fruchtlos und häßlich finde, vor Allem mit Leuten die ich nicht oder wenig kenne.
Würde gerne eure Ideen hören, praktische Tips wie man diese Themen vermeidet, ohne sich selbst dabei zu verarschen, also wenn’s geht klug und elegant, aber für Notsituationen geht auch plump und billig, hauptsache ich komme dabei weg ohne meinem Gegenüber den Gefallen zu tun, ihm seine Vorurteile zu bestätigen. Ihr seht vielleicht ich bin etwas verklemmt, ist ganz einfach weil ich wenig mit Leuten spreche und daher leider solche Richtlinien brauche, um mich nicht zu verzetteln. Ich bin mit diesem Problem allein, denn ich bin der einzige Ami in meiner Umgebung.
Gruß
Jan
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