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Dienstag, 28. September 2004
Hohmann again.
Robert Wistrich zum neuen deutschen Opferkult:

"A new German nationalism and national consciousness have been emerging since reunification. This seems to involve playing down the concept of Germans as major perpetrators of genocide, and pushing away the constant reminder that Jews were prime victims of the Germans. We have seen a sharp shift in the last four years, toward the proposition that the Germans themselves were the victims of World War II. I believe that this concept has a great future before it. Its long-term implications extend far beyond the Jews. All of Europe should ponder this shift."

(via Volker Radke)

Einer der mit seiner antisemitischen und die Deutschen entlastenden Rede am 3. Oktober 2003 in seiner kleinen osthessischen Heimatstadt Neuhof ausnahmsweise noch einmal und auch erst nach einigem Hin und Her auf die Schnauze gefallen ist, versucht es trotzig, wie es sich für die verfolgenden Unschuld gehört, am kommenden Sonntag schon wieder: Martin Hohmann.

Das "Bündnis gegen Antisemitismus Rhein-Main" mobilisiert gegen Hohmann und seine Neuhofer Clique. Hier der Aufruf:

Antisemitismus ist keine Meinung sondern ein Verbrechen -
Kundgebung gegen den Auftritt von Martin Hohmann am 3.10.2004!

Martin Hohmann will "einer guten lokalen Tradition standhaft treu bleiben" und am diesjährigen "Tag der deutschen Einheit" erneut in Neuhof bei Fulda eine Rede halten, dieses mal zum Thema Patriotismus. Erst letztes Jahr machte seine Rede zum "Nationalfeiertag" Schlagzeilen, da er unter anderem über das "Tätervolk" der Juden schwadronierte. Seine damalige Rede war zunächst weder bei den über 100 Zuhörern noch bei dem Mitarbeiter der "Fuldaer Zeitung" auf Kritik gestoßen, Wochen später machten amerikanische Juden Journalisten auf ihren antisemitischen Gehalt aufmerksam. Ebenso wenig wurde der Ausschluss Hohmanns aus CDU-Bundestagsfraktion und Partei freiwillig vollzogen, erst medialer und internationaler Druck ermöglichte diese Entscheidung. Roland Koch etwa hatte seinen Parteifreund noch am 9. November 2003 in der Frankfurter Synagoge verteidigt, woraufhin etliche anwesende Juden und Jüdinnen buhrufend den Saal verließen.
Die zu Beginn der Debatte entschuldigenden und beschwichtigenden Kommentare von einem Ausrutscher oder Irrtum Hohmanns erweisen sich schon bei oberflächlichem Studium seiner Vita als Verharmlosung, hatte doch bereits
2001 die Jewish Claims Conference in einem Brief an den
CDU-Fraktionsvorsitzenden erklärt: "Herr Hohmann benutzt
Formulierungen und Stereotypen, die bereits in der Weimarer Republik von Rechtsradikalen verwandt worden sind und von dieser Seite bis heute instrumentalisiert werden."
Der in seinem Wahlkreis liebevoll als "unser Martin" titulierte Politiker pflegt ein Weltbild, welches sich durch die positive Besetzung alles "Deutschen" einerseits und der damit einhergehenden Abwertung alles Abweichendem und Fremden andererseits auszeichnet. Zuallererst richten sich seine Ressentiments gegen die Juden, die er (...) in die Nähe des Stalinismus rückt, letzten Endes gar mit den Nationalsozialisten gleichstellt. Daneben hetzt er in ähnlich ungehemmter Weise gegen angeblich kriminelle MigrantInnen, verunglimpft Sozialhilfeempfänger als "Parasiten" und verteufelt Homosexualität als "Sünde". Damit bestätigt er unfreiwillig das Wort Jean-Paul Sartres, wonach der Antisemitismus primär die Attacke auf die Juden reitet, sich darüber hinaus jedoch als "Furcht vor dem Menschsein" erweist. Dass solcherlei Einstellung eine weite Verbreitung in der Gesellschaft finden, zeigte sich durch die letztjährige Unterstützung für Hohmanns Person, die sich nicht nur auf hohe CDU-Funktionäre beschränkte. Große Teile der hessischen Christdemokraten wie auch der Bevölkerung der Region Fulda stellten sich hinter den Abgeordneten und wähnten sich in Einklang mit dem über Nacht zu Prominenz geratenen Redenschwinger als Opfer einer Medienkampagne. In Neuhof selbst war Verbrüderung und Zusammenrücken statt Distanzierung angesagt, Reporter fingen Stimmen von "ganz normalen BürgerInnen" ein, die vor der Macht der "reichen Juden" warnten. Auch der in den letzten Wochen geäußerte öffentliche Unmut bezüglich der kurz bevor stehenden Rede Hohmanns wollte nichts von dessen ressentimentbeladenen Ansichten wissen und beschränkte sich auf die Warnung vor einem "erneuten Medienspektakel" sowie dem möglichen "Schaden für die Region".
Wir rufen deshalb zu einer Protestkundgebung gegen die Veranstaltung des unbelehrbaren Wiederholungstäters auf, nicht weil wir das Ansehen des Ortes, der Region oder Hessens retten wollen, sondern weil es ein Gebot der Vernunft ist, Antisemiten, Rassisten und Deutschnationalen an jedem Ort, zu
jeder Zeit entgegenzutreten!

Kundgebung:
03. Oktober 2004 um
10 Uhr vor dem
Schützenhaus in Neuhof bei Fulda

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