... newer stories
Montag, 18. Oktober 2004
Ganz alte Traditionen.
beniguma, 17:31h
Auf manche Parties sollte man einfach nicht gehen. Dann bleibt einem nämlich so manches erspart. Wäre man doch stattdessen zuhause geblieben und hätte ein gutes Buch gelesen oder einfach geschlafen. Wäre, hätte. Hat man aber nicht und muss sich deswegen die Gespräche anderer Leute anhören. Wenn man z.B. mit dem Bier in der Hand im Flur der die Feier ausrichtenden Wohngemeinschaft, deren BewohnerInnen man so leidlich kennt, steht und zuerst ganz unfreiwillig Fetzen eines Gesprächs aufschnappt und man dann, selbst wenn es einem schwerstens danach verlangt, nicht mehr weghören kann, dann hört man Sachen wie die folgende:
"Weißt Du, im Nahen Osten, da sind Entführungen an der Tagesordnung, da ist das eine ganz alte Tradition. Da ist es im Grunde schon eine Beledigung, wenn Du nicht entführt wirst. Weißt Du, das ist wie in Österreich, wo die vor der Hochzeit auch immer die Braut entführen. Wenn das die Dorfgemeinschaft mal nicht macht, dann ist das gleich eine ernsthafte Missachtung."
Stellt sich natürlich die Frage, ob Kenneth Bigley es als Missachtung seiner Person empfunden hätte, wenn ihn seine Entführer nicht geköpft hätten, wenn er vielleicht ganz einfach weiter seiner Arbeit im Irak hätte nachgehen können - ganz unentführt und ungeköpft. Vielleicht haben ja auch die 10 nepalesischen Saisonarbeiter, die von traditionsbewussten Nahostbewohnern im Irak gekidnappt wurden, schon ganz sehnsüchtig auf ihre Entführung und Hinrichtung gewartet.
Stellt sich umgekehrt die Frage, ob die traditionsbewusste österreichische Dorfgemeinschaft, Bedingungen (z:B. den Abzug aller italienischen Truppe aus Südtirol) an die Freilassung gekdinappter Bräute knüpft.
Aber solche Fragen interessieren wenig, wenn es um das Verständnis für "andere Kulturen" geht.
"Weißt Du, im Nahen Osten, da sind Entführungen an der Tagesordnung, da ist das eine ganz alte Tradition. Da ist es im Grunde schon eine Beledigung, wenn Du nicht entführt wirst. Weißt Du, das ist wie in Österreich, wo die vor der Hochzeit auch immer die Braut entführen. Wenn das die Dorfgemeinschaft mal nicht macht, dann ist das gleich eine ernsthafte Missachtung."
Stellt sich natürlich die Frage, ob Kenneth Bigley es als Missachtung seiner Person empfunden hätte, wenn ihn seine Entführer nicht geköpft hätten, wenn er vielleicht ganz einfach weiter seiner Arbeit im Irak hätte nachgehen können - ganz unentführt und ungeköpft. Vielleicht haben ja auch die 10 nepalesischen Saisonarbeiter, die von traditionsbewussten Nahostbewohnern im Irak gekidnappt wurden, schon ganz sehnsüchtig auf ihre Entführung und Hinrichtung gewartet.
Stellt sich umgekehrt die Frage, ob die traditionsbewusste österreichische Dorfgemeinschaft, Bedingungen (z:B. den Abzug aller italienischen Truppe aus Südtirol) an die Freilassung gekdinappter Bräute knüpft.
Aber solche Fragen interessieren wenig, wenn es um das Verständnis für "andere Kulturen" geht.
... link (0 Kommentare) ... comment
Freitag, 15. Oktober 2004
Die den Nobelpreis tragen.
beniguma, 19:42h
Man mag von den WissenschaftlerInnen, die den Chemie-, Physik- oder Biologie-Nobelpreis bekommen, halten, was man will, aber vermutlich ist es so, dass hier Kapazitäten auf dem jeweiligen Gebiet ihrer zumeist wohl bahnbrechenden Entdeckungen wegen geehrt werden. Anders sieht es schon beim Literaturnobelpreis aus. Hier werden - Ausnahmen (Elfriede Jelinek z.B.) bestätigen die Regel - die abgetakeltesten unter den abgetakelten Schriftstellern (Günter Grass z.B.) "geehrt", weil sie irgendwann einfach mal dran waren. Meist ist das der Anfang (oft auch das Ende) vom Ende einer literarischen Laufbahn, die irgendwann einmal vielversprechend begonnen hatte.
Schon wesentlich haariger wird's beim Friedensnobelpreis. Weil, wie Wikipedia erläutert, "(im) Gegensatz zu den anderen Nobelpreisen (...) der Friedensnobelpreis an Personen oder Organisationen vergeben werden (kann), die an einem Friedensprozess beteiligt sind und nicht nur für die abschließende Lösung eines Konflikts", deshalb trifft das Friedensnobelpreiskomitee bisweilen Entscheidungen, die - zumal aus heutiger Perspektive - reichlich absurd erscheinen. So kann sich jemand wie Yassir Arafat , der - nicht nur mittelbar - an terroristischen Angriffen beteiligt war und sich auf Kosten derjenigen bereichert hat, als deren "Präsident" er sich begreift, tatsächlich "Friedensnobelpreisträger" nennen.
Zur Schonung der Nerven sollte man es denn auch vermeiden, sich eingehender mit den Ansichten der meisten FriedensnobelpreisträgerInnen (von wenigen Ausnahmen wie Elie Wiesel abgesehen) zu beschäftigen. Jan-Henrik Buschbom hat sich anlässlich der diesjährigen Verleihung des Preises dennoch die Mühe gemacht und auf seinem Weblog einige Äußerungen der Friedensnobelpreisträgerin 2004 Wangari Muta Maathai zusammengetragen. Maathai erzählt zwar nichts Neues, wenn sie feststellt, dass AIDS kein Fluch Gottes sei, weiß aber mehr als wir alle, wenn sie davon berichtet, dass AIDS in den Labors einiger böser Wissenschaftler entwickelt worden sei, um "bestimmte Rassen auszurotten."
Die Steigerung des Friedensnobelpreises aber ist der Right Livelihood Award, der sogenannte Alternative Nobelpreis. Von einer gewissen Komik sind die Hintergünde seiner Stiftung: sein Stifter, ein professioneller Philatelist mit deutscher und schwedischer Staatsangehörigkeit, finanzierte den Preis aus Verkäufen wertvoller Briefmarken. Weniger komisch aber sind die Hintergründe mancher Träger des RLA, den übrigens auch Wangari Muta Maathai im Jahre 1984 stellvertretend für ihr Green Belt Movement bekommen hat. Der RLA hat, wie es sich für ein Projekt gehört, das aus der europäischen Nachkriegslinken und den sogenannten Neuen Sozialen Bewegungen entstand, eine lange Tradition des Antizionismus. So wurde 1987 der israelische Kernphysiker Mordechai Vanunu, der Interna über das israelische Atomprogramm hat publik werden lassen, ausgezeichnet. In den Jahren danach bekamen auch Felicia Langer und Uri Avnery den Preis, beide ebenfalls israelische AntizionistInnen, die deutschen und europäischen Linken besonders gerne als Kronzeugen gegen Israel dienen.
Angesichts der Geschichte des RLA verwundert es also nicht, dass auch der Träger des RLA von 2003, Walden Bello, reichlich verquere Ansichten hat. Die notorisch nationalrevolutionäre Junge Welt bot dem philippinischen Soziologieprofessor und Direktor der thailändischen NGO Focus on the Global South in ihrer gestrigen Ausgabe ein Forum, in dem dieser der Antiglobalisierungsbewegung das Rezept für den "Marsch" aus ihrer Marginalisierung präsentieren durfte: man müsse das Bündnis mit "den arabischen Bewegungen" eingehen.
Was das heisst, dürfte klar sein. Bello tritt für eine offene Zusammenarbeit mit islamistischen und arabisch-nationalistischen (ba'athistischen) Mörderbanden ein: Wo es gegen die USA und Israel geht, da ist auch dem "Linken" Bello jedes Mittel recht.
"Machen wir uns nichts vor: Der Einsatz von Selbstmord als politische Waffe stört weiterhin viele Aktivisten, die von Erklärungen abgestoßen werden wie solchen von palästinensischen Führern, die stolz betonen, daß Selbstmordattentäter auf seiten unterdrückter Menschen das Äquivalent für die F-16 sind. Nennen wir die Dinge beim Namen: Die Tatsache, daß ein großer Teil des Widerstands im Irak und in Palästina islamisch statt säkular motiviert ist, stört immer noch viele westliche Friedensaktivisten. Aber noch nie hat es eine hübsch anzuschauende Bewegung der nationalen Befreiung oder Unabhängigkeit gegeben."
Umstandslos setzt Bello den "Widerstand im Irak und in Palästina" mit dem Vietkong gleich. Damals waren in den USA und Europa Millionen gegen den Vietnam-Krieg auf die Straße gegangen. Und so soll es auch heute wieder sein. Die Stoßrichtung der Analogie ist unschwer zu deuten. Bello schwebt die Antiglobalisierungsbewegung als westliche Fußtruppe des antiamerikanischen, antisemitischen und klerikalfaschistischen Terrors vor.
"Wenn Friedensaktivisten nicht aufhören, ihre Aktionen unausgesprochen von einer Garantie abhängig zu machen, daß eine nach den von ihnen propagierten Werten und Diskursen maßgeschneiderte nationale Befreiungsbewegung an die Macht kommt, werden viele von ihnen weiterhin in dem Paradigma befangen bleiben, anderen Völkern ihre Bedingungen aufzuerlegen."
Noch keiner ihrer Vertreter hat so deutlich gemacht , welche reaktionäre Potenz in der Antiglobalisierungsbewegung steckt.
Walden Bello ist nicht irgendwer, er ist nicht der Vertreter einer verhältnismäßig unbedeutenden österreichischen Politsekte, sondern eine der wichtigsten Figuren der Antiglobaliiserungsbewegung.
Zum Schluss, damit es auch der dümmste Antiimp aus Duisburg versteht, kommt Bello noch einmal auf das zruück, was er als wesentliches Ziel ausgemacht hat:
"Aber lassen Sie mich zum Schluß noch einmal auf unsere dringende Aufgabe zurückkommen, die darin besteht, die USA in Irak und Israel in Palästina zu besiegen."
Der Mann macht seinem Preis alle Ehre.
Schon wesentlich haariger wird's beim Friedensnobelpreis. Weil, wie Wikipedia erläutert, "(im) Gegensatz zu den anderen Nobelpreisen (...) der Friedensnobelpreis an Personen oder Organisationen vergeben werden (kann), die an einem Friedensprozess beteiligt sind und nicht nur für die abschließende Lösung eines Konflikts", deshalb trifft das Friedensnobelpreiskomitee bisweilen Entscheidungen, die - zumal aus heutiger Perspektive - reichlich absurd erscheinen. So kann sich jemand wie Yassir Arafat , der - nicht nur mittelbar - an terroristischen Angriffen beteiligt war und sich auf Kosten derjenigen bereichert hat, als deren "Präsident" er sich begreift, tatsächlich "Friedensnobelpreisträger" nennen.
Zur Schonung der Nerven sollte man es denn auch vermeiden, sich eingehender mit den Ansichten der meisten FriedensnobelpreisträgerInnen (von wenigen Ausnahmen wie Elie Wiesel abgesehen) zu beschäftigen. Jan-Henrik Buschbom hat sich anlässlich der diesjährigen Verleihung des Preises dennoch die Mühe gemacht und auf seinem Weblog einige Äußerungen der Friedensnobelpreisträgerin 2004 Wangari Muta Maathai zusammengetragen. Maathai erzählt zwar nichts Neues, wenn sie feststellt, dass AIDS kein Fluch Gottes sei, weiß aber mehr als wir alle, wenn sie davon berichtet, dass AIDS in den Labors einiger böser Wissenschaftler entwickelt worden sei, um "bestimmte Rassen auszurotten."
Die Steigerung des Friedensnobelpreises aber ist der Right Livelihood Award, der sogenannte Alternative Nobelpreis. Von einer gewissen Komik sind die Hintergünde seiner Stiftung: sein Stifter, ein professioneller Philatelist mit deutscher und schwedischer Staatsangehörigkeit, finanzierte den Preis aus Verkäufen wertvoller Briefmarken. Weniger komisch aber sind die Hintergründe mancher Träger des RLA, den übrigens auch Wangari Muta Maathai im Jahre 1984 stellvertretend für ihr Green Belt Movement bekommen hat. Der RLA hat, wie es sich für ein Projekt gehört, das aus der europäischen Nachkriegslinken und den sogenannten Neuen Sozialen Bewegungen entstand, eine lange Tradition des Antizionismus. So wurde 1987 der israelische Kernphysiker Mordechai Vanunu, der Interna über das israelische Atomprogramm hat publik werden lassen, ausgezeichnet. In den Jahren danach bekamen auch Felicia Langer und Uri Avnery den Preis, beide ebenfalls israelische AntizionistInnen, die deutschen und europäischen Linken besonders gerne als Kronzeugen gegen Israel dienen.
Angesichts der Geschichte des RLA verwundert es also nicht, dass auch der Träger des RLA von 2003, Walden Bello, reichlich verquere Ansichten hat. Die notorisch nationalrevolutionäre Junge Welt bot dem philippinischen Soziologieprofessor und Direktor der thailändischen NGO Focus on the Global South in ihrer gestrigen Ausgabe ein Forum, in dem dieser der Antiglobalisierungsbewegung das Rezept für den "Marsch" aus ihrer Marginalisierung präsentieren durfte: man müsse das Bündnis mit "den arabischen Bewegungen" eingehen.
Was das heisst, dürfte klar sein. Bello tritt für eine offene Zusammenarbeit mit islamistischen und arabisch-nationalistischen (ba'athistischen) Mörderbanden ein: Wo es gegen die USA und Israel geht, da ist auch dem "Linken" Bello jedes Mittel recht.
"Machen wir uns nichts vor: Der Einsatz von Selbstmord als politische Waffe stört weiterhin viele Aktivisten, die von Erklärungen abgestoßen werden wie solchen von palästinensischen Führern, die stolz betonen, daß Selbstmordattentäter auf seiten unterdrückter Menschen das Äquivalent für die F-16 sind. Nennen wir die Dinge beim Namen: Die Tatsache, daß ein großer Teil des Widerstands im Irak und in Palästina islamisch statt säkular motiviert ist, stört immer noch viele westliche Friedensaktivisten. Aber noch nie hat es eine hübsch anzuschauende Bewegung der nationalen Befreiung oder Unabhängigkeit gegeben."
Umstandslos setzt Bello den "Widerstand im Irak und in Palästina" mit dem Vietkong gleich. Damals waren in den USA und Europa Millionen gegen den Vietnam-Krieg auf die Straße gegangen. Und so soll es auch heute wieder sein. Die Stoßrichtung der Analogie ist unschwer zu deuten. Bello schwebt die Antiglobalisierungsbewegung als westliche Fußtruppe des antiamerikanischen, antisemitischen und klerikalfaschistischen Terrors vor.
"Wenn Friedensaktivisten nicht aufhören, ihre Aktionen unausgesprochen von einer Garantie abhängig zu machen, daß eine nach den von ihnen propagierten Werten und Diskursen maßgeschneiderte nationale Befreiungsbewegung an die Macht kommt, werden viele von ihnen weiterhin in dem Paradigma befangen bleiben, anderen Völkern ihre Bedingungen aufzuerlegen."
Noch keiner ihrer Vertreter hat so deutlich gemacht , welche reaktionäre Potenz in der Antiglobalisierungsbewegung steckt.
Walden Bello ist nicht irgendwer, er ist nicht der Vertreter einer verhältnismäßig unbedeutenden österreichischen Politsekte, sondern eine der wichtigsten Figuren der Antiglobaliiserungsbewegung.
Zum Schluss, damit es auch der dümmste Antiimp aus Duisburg versteht, kommt Bello noch einmal auf das zruück, was er als wesentliches Ziel ausgemacht hat:
"Aber lassen Sie mich zum Schluß noch einmal auf unsere dringende Aufgabe zurückkommen, die darin besteht, die USA in Irak und Israel in Palästina zu besiegen."
Der Mann macht seinem Preis alle Ehre.
... link (0 Kommentare) ... comment
Dienstag, 12. Oktober 2004
Karl May für Linksliberale.
beniguma, 17:09h
Der kritische Dialog ist etwas anderes als der Dialog der Kulturen. Deutsche Außenpolitik war selten reine Interessenpolitik, aber sie ist es eben auch. Das Schnöde der Interessenverfolgung schwingt beim Begriff des „kritischen Dialoges“, wie er in der Iran-Politik des Auswärtigen Amtes unter Kinkel zum ersten Mal offensiv verwendet wurde, immer mit. Das macht diesen Begriff ziemlich untauglich für eine Organisation wie den Börsenverein des deutschen Buchhandels. Wenn dieser Interessenverband zur Verfolgung seines Interesses, des Verkaufs von Druckerzeugnissen, eine riesige Veranstaltung zur Anbahnung von Geschäften, zur Werbung und Kundenakquise organisiert, dann darf nach außen hin eben dieses Interesse nicht im Vordergrund stehen, dann muss “Höheres und Wichtigeres (…) im Mittelpunkt stehen“.
Und so ist es nicht der kritische Dialog, sondern der „Dialog der Kulturen“, der Thema der diesjährigen Buchmesse war. Und wenn von „anderen Kulturen“, mit denen „der Westen“ einen Dialog zu führen habe, die Rede ist, dann geht es heutzutage immer um „den Islam“ (dessen Heterogenität im Nachsatz immer besonders betont wird) oder eben um „die Arabische Welt“. Seit dem 11. September 2001 überschlägt sich die deutsche Zivilgesellschaft in Bekundungen, „jetzt erst recht“ den „Dialog suchen“ zu wollen. Unbedingt müsse man der angeblich aufkeimenden „Islamophobie“ entgegentreten, obwohl doch nirgends eine besondere Veränderung der Qualität des widerwärtigen deutschen Rassismus festzustellen ist, der sich seit vielleicht schon 25 Jahren auch gegen „Moscheen in der Nachbarschaft“ und Kopftücher wendet.
Was für das Auswärtige Amt der kritische Dialog, das ist für den Börsenverein also der „Dialog der Kulturen“. Das „Höhere und Wichtigere“ der Buchmesse materialisiert sich in der Wahl eines Gastlandes, das sich in einem besonderen Forum präsentieren darf, und das im Rahmen der Messe besonders viel mediale Beachtung bekommt. Das Auswärtige Amt aber hat es einfacher als die OrganisatorInnen der Buchmesse. Einen kritischen Dialog kann man auch mit einzelnen Regimes führen, man bleibt ja immer „kritisch“. Wie aber den „Dialog der Kulturen“ auf der Buchmesse führen? Kann man z.B. Syrien als Gastland benennen? Kann man dem ba’athistischen Regime Bashar al-Assads ein exklusives Forum bieten? Nein, sicher nicht. Keiner der arabischen Staaten allein hätte als Gastland fungieren können. Es bot sich also nur eine Alternative: die „Arabische Liga“. Verschämt aber nannte man den Gast nur beiläufig beim Namen und wählte stattdessen den Titel: “Ehrengast Arabische Welt“. Denn auch die OrganisatorInnen der Messe wissen natürlich, dass die Arabische Liga nichts anderes ist, als der exklusive Debattierclub aller arabischen Diktatoren und Despoten (mit Ausmahme Muammar al-Gaddafis) und der Vertreter islamistischer Regimes (etwa des Sudans).
Allerorten, in der Presse und im Fernsehen, auf den verschiedenen Diskussionsrunden zum Thema „Arabische Welt“ und im IC nach Frankfurt, war während der Buchmesse das zivilgesellschaftlich-kulturalistische Credo zu hören: Im „Dialog der Kulturen“ gehe es darum, die „Vielfalt der Kulturen“ wahrzunehmen und zu wahren, „andere Kulturen zu verstehen“. Was das sein soll, Kultur, und ob es nicht vielmehr darum gehen sollte, die Vielfalt der Individuen, die individuelle Freiheit, wahrzunehmen und zu wahren, die in den arabischen Staaten so eingeschränkt ist, wie nur an wenigen anderen Orten der Welt, darüber wurde nicht geredet.
So präsentierte sich in Frankfurt die Einfalt des Kulturalismus: Die „Arabische Welt“ und ihre „Kultur“ als unhintergehbare Bestimmung eines jeden Individuums aus diesem „Kulturkreis“ und das Verständnis für dessen „Andersartigkeit“. Karl May für Linksliberale.
Zwar wurde auch den arabischen SchriftstellerInnen, die als einzige frei schreiben können, den ExilantInnen, ein wenig Platz in den Medien eingeräumt. So durfte Rafik Schami, der vor 30 Jahren als Kommunist vor den syrischen Ba’athisten nach Deutschland fliehen musste, kurz mitteilen, dass es ihm keineswegs behagt, als Feigenblatt auf einer Autorenliste der Arabischen Liga zu stehen. Wenn aber Kritik aufkam, die benannte, was das deutsche Verständnis der „Andersartigkeit“ der arabischen „Kultur“ mit einschließt - nämlich das Verständnis für Antisemitismus, Antiamerikanismus und Terror - dann wurde diese Kritik totgeschwiegen oder für irrelevant erklärt. Dass es gerade der Hass auf Israel, auf die USA und die Juden ist, der den Kitt bildet, der die Arabische Liga zusammenhält, erwähnte nur eine kleine Gruppe von jüdischen und nichtjüdischen Organisationen und Einzelpersonen.
Einen Überblick über die vielen Skandale, die nur von wenigen (deutschen) Medien als solche wahrgenommen wurden und über die Erlebnisse der wenigen Protestierenden vor den Toren der Buchmesse gibt Honestly Concerned.
Hier sei nur auf den größten Skandal hingewiesen:
Gerhard Schröder eröffnete die Buchmesse mit dem bekennenden Holocaust-Leugner Mohammad Salmawy, dem Herausgeber der französischsprachigen staatseigenen ägyptischen Zeitung Al Ahram Hebdo.
Und so ist es nicht der kritische Dialog, sondern der „Dialog der Kulturen“, der Thema der diesjährigen Buchmesse war. Und wenn von „anderen Kulturen“, mit denen „der Westen“ einen Dialog zu führen habe, die Rede ist, dann geht es heutzutage immer um „den Islam“ (dessen Heterogenität im Nachsatz immer besonders betont wird) oder eben um „die Arabische Welt“. Seit dem 11. September 2001 überschlägt sich die deutsche Zivilgesellschaft in Bekundungen, „jetzt erst recht“ den „Dialog suchen“ zu wollen. Unbedingt müsse man der angeblich aufkeimenden „Islamophobie“ entgegentreten, obwohl doch nirgends eine besondere Veränderung der Qualität des widerwärtigen deutschen Rassismus festzustellen ist, der sich seit vielleicht schon 25 Jahren auch gegen „Moscheen in der Nachbarschaft“ und Kopftücher wendet.
Was für das Auswärtige Amt der kritische Dialog, das ist für den Börsenverein also der „Dialog der Kulturen“. Das „Höhere und Wichtigere“ der Buchmesse materialisiert sich in der Wahl eines Gastlandes, das sich in einem besonderen Forum präsentieren darf, und das im Rahmen der Messe besonders viel mediale Beachtung bekommt. Das Auswärtige Amt aber hat es einfacher als die OrganisatorInnen der Buchmesse. Einen kritischen Dialog kann man auch mit einzelnen Regimes führen, man bleibt ja immer „kritisch“. Wie aber den „Dialog der Kulturen“ auf der Buchmesse führen? Kann man z.B. Syrien als Gastland benennen? Kann man dem ba’athistischen Regime Bashar al-Assads ein exklusives Forum bieten? Nein, sicher nicht. Keiner der arabischen Staaten allein hätte als Gastland fungieren können. Es bot sich also nur eine Alternative: die „Arabische Liga“. Verschämt aber nannte man den Gast nur beiläufig beim Namen und wählte stattdessen den Titel: “Ehrengast Arabische Welt“. Denn auch die OrganisatorInnen der Messe wissen natürlich, dass die Arabische Liga nichts anderes ist, als der exklusive Debattierclub aller arabischen Diktatoren und Despoten (mit Ausmahme Muammar al-Gaddafis) und der Vertreter islamistischer Regimes (etwa des Sudans).
Allerorten, in der Presse und im Fernsehen, auf den verschiedenen Diskussionsrunden zum Thema „Arabische Welt“ und im IC nach Frankfurt, war während der Buchmesse das zivilgesellschaftlich-kulturalistische Credo zu hören: Im „Dialog der Kulturen“ gehe es darum, die „Vielfalt der Kulturen“ wahrzunehmen und zu wahren, „andere Kulturen zu verstehen“. Was das sein soll, Kultur, und ob es nicht vielmehr darum gehen sollte, die Vielfalt der Individuen, die individuelle Freiheit, wahrzunehmen und zu wahren, die in den arabischen Staaten so eingeschränkt ist, wie nur an wenigen anderen Orten der Welt, darüber wurde nicht geredet.
So präsentierte sich in Frankfurt die Einfalt des Kulturalismus: Die „Arabische Welt“ und ihre „Kultur“ als unhintergehbare Bestimmung eines jeden Individuums aus diesem „Kulturkreis“ und das Verständnis für dessen „Andersartigkeit“. Karl May für Linksliberale.
Zwar wurde auch den arabischen SchriftstellerInnen, die als einzige frei schreiben können, den ExilantInnen, ein wenig Platz in den Medien eingeräumt. So durfte Rafik Schami, der vor 30 Jahren als Kommunist vor den syrischen Ba’athisten nach Deutschland fliehen musste, kurz mitteilen, dass es ihm keineswegs behagt, als Feigenblatt auf einer Autorenliste der Arabischen Liga zu stehen. Wenn aber Kritik aufkam, die benannte, was das deutsche Verständnis der „Andersartigkeit“ der arabischen „Kultur“ mit einschließt - nämlich das Verständnis für Antisemitismus, Antiamerikanismus und Terror - dann wurde diese Kritik totgeschwiegen oder für irrelevant erklärt. Dass es gerade der Hass auf Israel, auf die USA und die Juden ist, der den Kitt bildet, der die Arabische Liga zusammenhält, erwähnte nur eine kleine Gruppe von jüdischen und nichtjüdischen Organisationen und Einzelpersonen.
Einen Überblick über die vielen Skandale, die nur von wenigen (deutschen) Medien als solche wahrgenommen wurden und über die Erlebnisse der wenigen Protestierenden vor den Toren der Buchmesse gibt Honestly Concerned.
Hier sei nur auf den größten Skandal hingewiesen:
Gerhard Schröder eröffnete die Buchmesse mit dem bekennenden Holocaust-Leugner Mohammad Salmawy, dem Herausgeber der französischsprachigen staatseigenen ägyptischen Zeitung Al Ahram Hebdo.
... link (2 Kommentare) ... comment
... older stories