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Montag, 18. Oktober 2004
Ganz alte Traditionen.
Auf manche Parties sollte man einfach nicht gehen. Dann bleibt einem nämlich so manches erspart. Wäre man doch stattdessen zuhause geblieben und hätte ein gutes Buch gelesen oder einfach geschlafen. Wäre, hätte. Hat man aber nicht und muss sich deswegen die Gespräche anderer Leute anhören. Wenn man z.B. mit dem Bier in der Hand im Flur der die Feier ausrichtenden Wohngemeinschaft, deren BewohnerInnen man so leidlich kennt, steht und zuerst ganz unfreiwillig Fetzen eines Gesprächs aufschnappt und man dann, selbst wenn es einem schwerstens danach verlangt, nicht mehr weghören kann, dann hört man Sachen wie die folgende:

"Weißt Du, im Nahen Osten, da sind Entführungen an der Tagesordnung, da ist das eine ganz alte Tradition. Da ist es im Grunde schon eine Beledigung, wenn Du nicht entführt wirst. Weißt Du, das ist wie in Österreich, wo die vor der Hochzeit auch immer die Braut entführen. Wenn das die Dorfgemeinschaft mal nicht macht, dann ist das gleich eine ernsthafte Missachtung."

Stellt sich natürlich die Frage, ob Kenneth Bigley es als Missachtung seiner Person empfunden hätte, wenn ihn seine Entführer nicht geköpft hätten, wenn er vielleicht ganz einfach weiter seiner Arbeit im Irak hätte nachgehen können - ganz unentführt und ungeköpft. Vielleicht haben ja auch die 10 nepalesischen Saisonarbeiter, die von traditionsbewussten Nahostbewohnern im Irak gekidnappt wurden, schon ganz sehnsüchtig auf ihre Entführung und Hinrichtung gewartet.
Stellt sich umgekehrt die Frage, ob die traditionsbewusste österreichische Dorfgemeinschaft, Bedingungen (z:B. den Abzug aller italienischen Truppe aus Südtirol) an die Freilassung gekdinappter Bräute knüpft.

Aber solche Fragen interessieren wenig, wenn es um das Verständnis für "andere Kulturen" geht.

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